Freitag, 29. März 2013

In letzter Minute

Ich habe selten so angespannt auf einen Anruf gewartet wie am vergangenen Dienstag. Mein Telefon war zum ersten Mal auf volle Lautstärke gestellt, ich habe es im Büro mit mir herumgetragen und in jedes Meeting mitgenommen ohne auch nur daran zu denken, es auszuschalten. Es klingelte unzählige Male, aber nie war es der "richtige" Anruf. Als ich vom Büro nach Hause kam, führte mein erster Weg zum Anrufbeantworter. Ein kleines, blinkendes LED-Lämpchen und eine unbekannte Reutlinger Nummer - ich hielt den Atem an, während ich auf "Rückruf" drückte, das Telefon die fremde Nummer in disharmonisches Piepsen verwandelte und der Wählton anzeigte, dass irgendwo in Reutlingen ein Telefon klingelte. Es klingelte lange. Ich schaute auf die Uhr, zu spät für eine Mittagspause im Büro, hoffentlich zu früh für Feierabend. Ein Anrufbeantworter sprang an. "Hier ist der Anschluss von Anette und Marky." Ich legte auf. Die Schwester einer Freundin - deren Nummer hatte ich nicht gespeichert. Auch wenn es lächerlich ist -  ich hätte losheulen können.

Der Tag verging, der ersehnte Anruf der Krankenkasse kam nicht. Am Mittwoch hatte ich einen Termin beim Zahnarzt. Vorher suchte ich meine Antragsunterlagen, den falschen Kostenübernahmebescheid und einige Artikel aus verschiedenen Ärzteblättern zum Thema "Magenband oder Schlauchmagen" raus und fuhr zur Krankenkasse. Ich wollte einfach nicht aufgeben und hoffte ein persönliches Gespräch könnte die neue Sachbearbeiterin überzeugen.

Als ich das Büro der Krankenkasse betrat, war ich echt irritiert. Meine Sachbearbeiterin hatte mir am Telefon ganz sicher gesagt, dass sie den Fall an ihre KollegIN übergeben hat, im Büro saßen aber nur drei KollegEN. So wußte ich erstmal nicht wohin. Die Frage erledigte sich, weil einer der Sachbearbeiter mich zu sich rief. Es stellte sich heraus, dass die Kollegin, die meine Sachbearbeiterin vertreten sollte, leider krank geworden ist. Also fing ich nochmal ganz von vorne an zu erklären. Glücklicherweise hatte ich meine kompletten Unterlagen dabei, der gute Mann konnte nämlich gar nicht glauben, dass ich eine andere OP genehmigt bekommen habe als ich beantragt hatte. Helfen konnte er mir aber auch nicht. Er verwies immer wieder nur darauf, dass er in den Fall nicht involviert war und die Entscheidung ohnehin nicht von der Krankenkasse gefällt wird, sondern vom MdK.



Während unseres Gesprächs (das ging nicht länger als 15 Minuten) hat er bestimmt zehnmal die  Begriffe Schlauchmagen und Magenband verwechselt. Seither wundere ich mich weniger darüber, wie ich zu meinem Bescheid gekommen bin. Irgendwann hat er eine Aktennotiz gefunden die besagte, dass am Montag von der Zentrale in Stuttgart ein Kostenübernahmebescheid für einen Schlauchmagen an mich rausgehen sollte. Leider konnte er das dazugehörige Schreiben am Rechner nicht öffnen. Er meinte, ich solle ruhig heimgehen - der Brief wäre sicher schon im Briefkasten, dann kann ich ja zuhause lesen und prüfen, ob diesmal alles in Ordnung ist. Ich war nicht begeistert, aber immerhin hörte sich diese Info nach einer Zusage an.

Zuhause angekommen hatte ich tatsächlich einen Brief der Krankenkasse im Kasten. Ich war schon so erleichtert - bis ich ihn öffnete und entdeckte, dass er nur eine Beitragsinformation enthielt. In diesem Moment habe ich beschlossen, ich mag ab sofort keine spannenden Dinge mehr. Keine spannenden Filme, kein spannendes Buch und erst recht kein spannendes Leben. Gestern Nachmittag, wirklich auf den letzten Drücker habe ich meinen korrigierten Bescheid doch noch bekommen. Als ich diesen Brief in den Händen hielt, ist praktisch augenblicklich die ganze Anspannung der vergangenen Woche von mir abgefallen. Ich hatte weiche Knie, war müde wie ein Stein und musste mich erstmal kurz hinlegen.

Ich werde also wie geplant am kommenden Dienstag ins Schwarzwald-Baar-Klinikum einrücken und am kommenden Mittwoch einen Schlauchmagen bekommen. Vorher geniesse ich die Osterfeiertage mit meiner Familie. Vielen Dank an alle, die mir die Daumen gedrückt und mitgefiebert haben. Auch euch wünsche ich frohe Ostern, esst ein bißchen Schoki für mich mit. Ich melde mich vor dem Krankenhaus nochmal. Bis bald...

Freitag, 22. März 2013

Zitterpartie!

Seit einigen Tagen bin ich von früh bis spät am Zittern. Meine Nerven geben keine Ruhe mehr. Seit gestern früh ist es ganz schlimm, und es fällt mir schwer mich langfristig auf etwas zu konzentrieren.

Man könnte vermuten, dass es sich um mehr oder weniger normale OP-Ängste handelt oder dass mir die drei Eiweißshakes pro Tag nicht ausreichen, aber das ist es nicht. Es ist viel, viel schlimmer! Es gibt ein Problem mit der Kostenübernahme der Krankenkasse, und damit wackelt auch der OP-Termin und meine ganze sorgsame Zeitplanung für dieses Jahr.

Als ich am Dienstag abend diesen Blog online gestellt habe, wollte ich noch einmal prüfen ob ich im Text den korrekten Wortlaut der Kostenübernahme angegeben hatte. Also holte ich das Schreiben meiner Krankenkasse das ich schon bei den Unterlagen fürs Krankenhaus geparkt hatte noch einmal raus. Beim Lesen und Prüfen fiel mir etwas auf, was ich bis dahin übersehen hatte. Hier also für euch noch einmal der genaue Aufbau des Schreibens:

"Antrag auf Kostenübernahme einer bariatrischen Operation (Gastric Banding)

Sehr geehrte Frau Neuwirth,

mit Schreiben vom 07.01.2013 bitten Sie um Kostenübernahme für die o.g. Operation. Wir haben die von Ihnen vorgelegten Unterlagen geprüft. Gerne übernehmen wir die Kosten für die Operation. Eventuelle Wahlleistungen (z.B. Zwei-Bett-Zimmer, Chefarztbehandlung, etc.) oder von Ihnen mit dem Klinikum getroffene Sondervereinbarungen gehen ausnahmslos zu Ihren Lasten."
... (der Rest sind Details über Krankenhauszuzahlungen etc.)

Mein Antrag bei der Krankenkasse begann mit dem Satz:
 "hiermit stelle ich einen Antrag auf Kostenübernahme für einen operativen Eingriff (Schlauchmagen)."
Im nachfolgenden Text gehe ich noch mehrfach darauf ein, warum eine Schlauchmagen-operation die bestmögliche Variante für mich ist.

Was mir beim Lesen der Kostenübernahme bisher entgangen war, war der Begriff "Gastric Banding". Ich kannte ihn nicht, aber mir war klar dass "Gastric" sich auf den Magen bezieht. Vielleicht war ich von der Tatsache, dass die Krankenkasse die von mir beantragte Operation genehmigt, einfach zu überwältigt.

Vergangenen Dienstag kam mir das "Gastric Banding" plötzlich seltsam vor. Seit Wochen tausche ich mich in Foren sehr intensiv mit anderen Operierten und Bald-Operierten aus, habe Betroffene in der SHG persönlich kennengelernt - und noch nie war mir dieser Begriff begegnet?!? Ich fragte Freund Google. Ihr ahnt es sicher längst - "Gastric Banding" steht für ein Magenband. Da ich das nie beantragt hatte, ging ich von einem Tippfehler oder einem Fehler in der Vorlage der Krankenkasse aus.

Am Mittwoch früh rief ich bei der Krankenkasse an. Die Sachbearbeiterin war nicht erreichbar, ihre Kollegin konnte mir gar nichts sagen, versprach mir aber einen Rückruf. Der kam nicht. Also rief ich am Nachmittag nochmal an. Ich bekam die Info es müsse sich um einen Fehler handeln, sie klären das schnellstmöglich. Ich war beruhigt. Leider zu früh!

Gestern früh rief die Sachbearbeiterin mich wieder an und erklärte mir, dass der MdK ausdrücklich die Kostenübernahme für ein Magenband genehmigt hat und nicht für eine Schlauchmagen-OP. Ich erklärte ihr, dass ein Magenband von allen meinen behandelnden Ärzten ausgeschlossen wurde und für mich nicht in Frage kommt. Ein Magenband ist geeignet für Personen mit einem BMI zwischen 35 und 40 - und selbst bei denen gibt es nach 2-3 Jahren wegen Verwachsungen und anderer Komplikationen haufenweise Umbauoperationen zum Schlauchmagen. Ich habe ihr erklärt, dass ich den Termin in der Klinik nicht absagen möchte, da sehr viel Organisatorisches mit diesem Termin verknüpft ist.

Heute morgen dann nochmal ein Anruf - die Sachbearbeiterin teilte mir mit, dass sie jetzt in den Osterurlaub geht und den Fall an eine Kollegin abgegeben hat. Es wurde eine dringende Anfrage an den MdK gestellt um zu klären, ob die Krankenkasse auch die Kosten für einen Schlauchmagen übernehmen darf. Die Kollegin weiß von meinem OP-Termin und wird sich bis spätestens Dienstag bei mir melden. Bis Dienstag...dann sind es noch zwei Werktage und ein langes Osterwochenende bis zum geplanten OP-Termin. Wenn die Info dann "Nein" heißt, habe ich keine Chance mehr einen Widerspruch rechtzeitig vor dem Plantermin durchzubringen. Da da zeitlich auch jetzt schon aussichtslos ist, hoffe ich das Beste. Ich kann noch nicht ganz glauben, dass der Termin wirklich platzt - es wäre so grundlos, unfair und bescheuert!!!

Obwohl mir die Zeit bis Dienstag wie ein endloser, schwankender Korridor vorkommt, versuche ich momentan die positiven Aspekte der Geschichte zu sehen:

1.) Ich habe das Schreiben der Krankenkasse nochmal angeschaut, bevor ich im Krankenhaus bin. Stellt euch vor, ich hätte das nicht getan und wäre vom Krankenhaus wegen fehlender oder nicht eindeutiger Kostenübernahme wieder heimgeschickt worden!

2.) Ich habe gerade nicht die Möglichkeit, wegen einer bald stattfindenden OP ängstlich zu sein - ich bin voll und ganz damit beschäftigt, wegen einer vielleicht nicht bald stattfindenen OP ängstlich zu sein. Wenn das nicht schräg ist... :-)

Naja, aber positive Gedanken hin oder her - bis Dienstag werde ich auf glühenden Kohlen sitzen und weiterhin Nervenflattern haben. Drückt mir die Daumen, dass die Schlaumeier, die das verbockt haben, sich wieder berappeln und ich ganz schnell eine positive Nachricht bekomme.

Ich halte euch auf dem Laufenden!

Dienstag, 19. März 2013

Termine, Termine

Mittwoch, 27.02.2013

Am Montag habe ich im Villinger Klinikum angerufen um einen OP-Termin zu vereinbaren. Ich hatte gehofft, noch im März unters Messer zu kommen, da ich bis zum Sommer unbedingt fit sein wollte und man ja nie weiß, wie so eine OP verläuft.

Im Sommer gehe ich nämlich gleich zweimal auf Hochzeitsreise - im Juli bin ich bei Danielas und Ioans Hochzeit in Rumänien, Mitte August fliege ich für 4 Wochen nach Griechenland und bin dort zu Elizas und Eugenios Hochzeit eingeladen.

Motto für den OP-Termin war daher je früher, desto besser. Leider war die verantwortliche Dame am Montag total gestresst und konnte mir keinen Termin nennen. Sie informierte mich darüber, dass sie bei der Terminvergabe inzwischen schon im Mai sind, wollte mich aber am Mittwoch zurückrufen um mir eine genauere Angabe machen zu können.

Sie hat heute morgen angerufen, und mein geplanter OP-Termin ist der 03.04.2013. Ich werde direkt nach Ostern, am 02.04. morgens um 9:00 Uhr nüchtern im Krankenhaus erwartet. Dann macht man eine Magenspiegelung und für den nächsten Tag ist die OP geplant. Das sind jetzt nicht einmal mehr 5 Wochen!!!

Da in dieser Woche noch Osterferien sind, weiß ich zwar noch nicht wohin mit den Kindern - aber den Termin finde ich trotzdem perfekt. Wenn da alles glatt geht, bin ich bis Juli nicht nur mit dem Kostaufbau fertig, sondern habe auch schon die ersten Nachsorgeuntersuchungen hinter mir und kann guten Gewissens in Europa rumfliegen.

Die letzten beiden Wochen vor der OP werde ich eine Eiweißphase machen. Das macht man, damit das Gewicht vor OP schon etwas runtergeht und vor allem, damit die Leber kleiner und geschmeidiger wird. Dann stört sie bei der OP nicht so. Jetzt mache ich mich gleich daran, die verbleibende Zeit einzuteilen und mir zu überlegen was ich noch wann erledigen muss.

Bis bald!

Post von der Krankenkasse

Samstag, 23.02.2012

Ich habe Ihn heute bekommen - den heiß ersehnten Brief von der Krankenkasse!

Es steht drin:
Wir haben die von Ihnen vorgelegten Unterlagen geprüft. Gerne übernehmen wir die Kosten für die Operation. 

Meinen Antrag an die Krankenkasse hatte ich gleich in der ersten Januarwoche versendet. Mitte Januar bekam ich einen Anruf von einem netten Sachbearbeiter, der mir mitteilte dass mein Antrag eingegangen sei und er ihn an den MDK (medizinischer Dienst der Krankenkassen) zur Prüfung weiterleiten wird. Allerdings hätten sie gerne noch zwei Wochen aktuelles Ernährungstagebuch. Ich soll das in den kommenden beiden Wochen führen und dann nachreichen.

Seit ich Anfang Februar das Ernährungstagebuch nachgereicht hatte, war ich bei jedem Öffnen des Briefkastens aufgeregt. Ich weiß nicht, ob ihr euch das vorstellen könnt, aber obwohl ich keine Antwort innerhalb weniger Tage erwartet hatte, konnte ich schon zwei Tage nach Absenden meines Briefes den Briefkasten nicht mehr ohne rasendes Herzklopfen öffnen.

Natürlich kamen ausgerechnet in den letzten beiden Wochen auch ständig irgendwelche Briefe unserer Krankenkasse bei uns an - Mitgliederhefte in sehr wichtig aussehenden DIN A4 Umschlägen, Anfragen wegen Passbildern für die neue Gesundheitskarte und so weiter. Jedesmal war ich am zittern ob das nun eine Zu- oder Absage für mich ist, jedesmal war es keines von beidem.

Nun habe ich also die ersehnte Zusage und brauche nur noch einen OP-Termin im Villinger Krankenhaus. Am liebsten würde ich sofort dort anrufen, aber ich muss mich noch bis Montag gedulden.

Trotz meiner zitternder Knie haben wir noch eine kleine Schneewanderung zu den (gefrorenen) Uracher Wasserfällen gemacht. Nächstes Jahr wird meine Winterjacke sicher nicht mehr so spannen. Ich hoffe, ich bekomme bald einen OP-Termin - ich habe doch schon so viele Pläne für dieses Jahr. Mehr dazu am Montag!


Gründe und Hintergründe

Ich schiebe das Erstellen dieses Blogs schon ein Weilchen vor mir her. Nicht, weil ich keine Lust zu schreiben habe (ein paar Beiträge habe ich sogar vorab schon in Word erstellt) aber der Einstieg fällt mir diesmal sehr schwer.
Wo genau hat diese Geschichte ihren Anfang? Was wisst ihr schon über mich, was hat sich bisher eher im Verborgenen abgespielt? Schreibe ich zu ausführlich, ist es langweilig, schreibe ich zu knapp wird es unverständlich. Kann ich überhaupt das richtige Mittelmaß und den richtigen Ton finden?
Ich versuche es jetzt einfach, indem ich zeitlich beim letzten Blog "Rehaktionen" und der Zeit in der Földiklinik anknüpfe. Wenn ihr mehr wissen wollt oder ich zu ungenau bin, fragt mich direkt oder per Kommentar, wenns zu viel wird ebenso.

Ich weiß nicht, wie oft ich hier schreiben werde - ein täglicher Blog wird es vermutlich diesmal nicht werden. Wenn ihr möchtet, könnt ihr den Blog abonnieren, dann bekommt ihr immer eine E-Mail wenn es von mir etwas Neues gibt.

Okay - zum Thema. Eine Sache, die mich während meines Aufenthalts in der Földiklinik sehr beschäftigt hat, ist mein Übergewicht. Natürlich habe ich das schon ein paar Jahre länger und ich wollte es auch nicht erst dort loswerden, aber ich habe es eben nie langfristig geschafft. Als ich erfahren habe, dass ich zur Reha in die Földiklinik komme, habe ich mir deren Website angeschaut und unter anderem Informationen zu einem Adipositasprogramm gefunden. Ich dachte es schadet nicht wenn ich mich gleich bei der Ankunft danach erkundige und mich freiwillig zur Teilnahme melde. Ich hoffte auf neue Tipps, die ich bisher bei WeightWatchers, der Adipositasberatung meines Frauenarztes, im Fitnessstudio und bei der Ernährungsberatung der Krankenkasse noch nicht bekommen habe. Irgendwann sollte ich das Problem doch endlich dauerhaft in den Griff bekommen.

Beim Aufnahmegespräch in der Földiklinik habe ich die Ärztin (ihr erinnert euch, die Seltsame...) darauf angesprochen, dass ich bitte außer dem normalen Programm auch das Adipositasprogramm mitmachen möchte. Sie erklärte mir, das finde nur zweimal jährlich statt und nicht gerade jetzt. Die Földiklinik sei schließlich keine Adipositasklinik sondern eine Fachklinik für Lymphologie. Aber wenn ich Interesse am Programm habe, macht sie mir einen Termin bei Dr. B., der betreut das Programm wenn es stattfindet und hat sicher auch außer der Reihe ein paar Tipps für mich. Ansonsten gehört ja ohnehin viel Sport zum Lymphprogramm und es gibt verschiedene Leistungsklassen, da wird auch für mich etwas dabei sein.

Der Termin mit Dr. B. fiel in die schwierige Anfangsphase, in der ich mich versuchte zurechtzufinden. Ich hatte einen Termin im Schwesternzimmer und erwähnte dort, dass ich jetzt gleich zu Dr. B. dem Adipositasspezialisten gehe, worauf die Schwester fragte: "Ah, dann lassen sie wohl auch eine bariatrische Operation machen?" Ich war verwirrt, und hatte keine Ahnung wovon sie spricht. Ich wollte doch abnehmen und mich nicht operieren lassen!!!

Dr. B. war nett und sehr kompetent. Man merkte sofort, dass er schon mit vielen massiv Übergewichtigen gesprochen und gearbeitet hatte. Ich schilderte ihm im Groben meinen Gewichtslebenslauf, berichtete von den neuen gesundheitlichen Problemen und der ganzen Autoimmungeschichte die in jüngster Zeit zu einer starken Gewichtszunahme geführt hat. Ich sagte ihm auch ehrlich, dass ich mich kaum noch traue, eine Diät, Ernährungsumstellung, etc. zu beginnen, da der Jojo-Effekt bisher jedesmal zugeschlagen hat, und es langfristig gesehen immer nur schlimmer wurde. Und das, obwohl ich mich heute sicher 100mal besser, gesünder und bewusster ernähre als noch vor 10 Jahren.

Er glaubte mir sofort, sagte aber auch dass ich seiner Einschätzung nach keine Chance habe langfristig Gewicht zu verlieren. Er erklärte mir warum - die Details sind komplex und ich bin keine Medizinerin. Kurz gesagt gibt es verschiedene Gene, die Beiträge zur Entstehung von Übergewicht leisten. Diese Gene sind entweder an- oder abgeschaltet - das ist von Mensch zu Mensch verschieden. Noch nicht alle davon sind ganz entschlüsselt, aber es gibt fünf Stück bei denen man sehr weit ist. Diese regulieren unter anderem die Ausschüttung des "Hungerhormons" Ghrelin, beinflussen den Stoffwechsel indem sie dauernde Fettspeicherung anregen, hemmen das Sättigungsempfinden, das sich dadurch erst viel später einstellt, und noch einiges mehr. Ich breche hier ab, bevor ich noch etwas Falsches schreibe.

Jedenfalls hat Dr. B. mir eine aktuelle Präsentation mit dem Titel "Morbide Adipositas - Schuld oder Schicksal?" gezeigt. Alles, was da beschrieben war, kannte ich aus eigener Erfahrung und für manche Dinge, die mich seit Jahren beschäftigen habe ich dort zum allerersten Mal eine Erklärung gefunden. Ich war irgendwie - überwältigt! Aber auch total schockiert, als Dr. B. mich darüber informiert hat, dass die einzige Behandlungsweise, bei der langfristig positive Ergebnisse zu erreichen sind, operative Magenverkleinerungen sind. Damit hatte ich nicht gerechnet, so etwas wollte ich nie machen lassen und ein OP-Risiko auf mich zu nehmen, nur weil ich gerne schlank wäre...das kam für mich nicht in Frage! Dr. B. meinte, er würde gerne ein paar Tests mit mir machen lassen um zu prüfen wie meine Gene reagieren und bot mir einen zweiten Gesprächstermin nach diesen Tests an. Dieses Angebot habe ich gerne angenommen - jetzt wollte ich schon wissen woran ich bin.

Die Tests waren positiv (naja...für mich ja eher negativ) und beim zweiten Termin habe ich mehr Infos über die verschiedenen bariatrischen Operationen bekommen. Dazu zählt man alle OPs, die der Gewichtsreduktion dienen, wie z.B. das Magenband, Magenballon, Schlauchmagen, Magenbypass. Was mir völlig neu war - die OPs werden laproskopisch (also mit Schlüssellochtechnik) durchgeführt. Das OP-Risiko ist wesentlich geringer als das Risiko früh an einer Folgeerkrankung des Übergewichts zu sterben. Gerade weil bei mir alle Organe ständig angegriffen werden, sollte ich ihnen die zusätzliche Belastung durch das starke Übergewicht ersparen. Dr. B. hat mich darüber informiert, dass er wegen des Adipositasprogramms der Földiklinik gute Kontakte zu einem deutschlandweit führenden bariatrischen Zentrum in Villingen hat und dass verschiedene Personen in der Földiklinik mich während meiner Reha bei der Vorbereitung des Antrags auf Kostenübernahme bei der Krankenkasse unterstützen könnten. Die Kostenübernahme wäre nämlich ein Kapitel für sich.
Ich glaube ihr könnt es schon erraten... ich habe mir Infomaterial mit aufs Zimmer genommen, mit Markus und meiner Hausärztin telefoniert, das Internet durchstöbert und bin zwei Tage später wieder zu Dr. B. gegangen um ihm meine Entscheidung mitzuteilen - ich möchte eine bariatrische Operation durchführen lassen.Wir haben noch ein wenig derüber gesprochen, welche Eingriffe für mich in Frage kommen - es sind bei einem BMI über 50 eigentlich nur ein Schlauchmagen oder ein Magenbypass sinnvoll. Weiteres sollte ich mit dem Chirurgen besprechen.
Noch während des Reha-Aufenthalts habe ich verschiedene Untersuchungen machen lassen, die für die Antragstellung nötig sind, habe mir ein internistisches (Dr. B.), ein psychologisches (Földis Hauspsychologin) und ein chirurgisches Gutachten (Vorstellungstermin beim Chirurgen in Villingen) erstellen lassen. Nach dem Reha-Aufenthalt ging das noch weiter, da ich einen eigenen, ausführlichen Antrag mit Begründung schreiben musste, einen Gewichtslebenslauf mit Belegen über die letzen 20 Jahre, eine Aufstellung aller bisher unternommenen Versuche Gewicht zu reduzieren, die Erfolge und wie lange diese angehalten haben, und so weiter. Zudem benötigte ich weitere Atteste, z.B. von meinem Frauenarzt und meiner Hausärztin. Das alles zu besorgen, zu schreiben und zu dokumentieren hat sich bis kurz vor Weihnachten gezogen. Beantragt habe ich die Kostenübernahme für eine Schlauchmagenoperation, da dieser Eingriff weniger invasiv ist als ein Magenbypass und man Medikamente in normaler Dosierung einnehmen kann.

An dieser Stelle mache ich Schluss mit dem heutigen Eintrag. Der Anfang ist gemacht und hat auch gar nicht wehgetan. Sinn und Zweck dieses Blogs ist es, den Prozess, der nun vor mir liegt zu dokumentieren und euch daran teilhaben zu lassen. Ich werde hier schreiben wie es mir geht, was mich bewegt und was sich verändert hat. Die beiden folgenden Beiträge hatte ich bereits fertiggestellt und füge sie nur ein. Ich wünsche Euch viel Spaß beim Lesen und bin total gespannt auf euer Feedback.