Ich habe selten so angespannt auf einen Anruf gewartet wie am vergangenen Dienstag. Mein Telefon war zum ersten Mal auf volle Lautstärke gestellt, ich habe es im Büro mit mir herumgetragen und in jedes Meeting mitgenommen ohne auch nur daran zu denken, es auszuschalten. Es klingelte unzählige Male, aber nie war es der "richtige" Anruf. Als ich vom Büro nach Hause kam, führte mein erster Weg zum Anrufbeantworter. Ein kleines, blinkendes LED-Lämpchen und eine unbekannte Reutlinger Nummer - ich hielt den Atem an, während ich auf "Rückruf" drückte, das Telefon die fremde Nummer in disharmonisches Piepsen verwandelte und der Wählton anzeigte, dass irgendwo in Reutlingen ein Telefon klingelte. Es klingelte lange. Ich schaute auf die Uhr, zu spät für eine Mittagspause im Büro, hoffentlich zu früh für Feierabend. Ein Anrufbeantworter sprang an. "Hier ist der Anschluss von Anette und Marky." Ich legte auf. Die Schwester einer Freundin - deren Nummer hatte ich nicht gespeichert. Auch wenn es lächerlich ist - ich hätte losheulen können.
Der Tag verging, der ersehnte Anruf der Krankenkasse kam nicht. Am Mittwoch hatte ich einen Termin beim Zahnarzt. Vorher suchte ich meine Antragsunterlagen, den falschen Kostenübernahmebescheid und einige Artikel aus verschiedenen Ärzteblättern zum Thema "Magenband oder Schlauchmagen" raus und fuhr zur Krankenkasse. Ich wollte einfach nicht aufgeben und hoffte ein persönliches Gespräch könnte die neue Sachbearbeiterin überzeugen.
Als ich das Büro der Krankenkasse betrat, war ich echt irritiert. Meine Sachbearbeiterin hatte mir am Telefon ganz sicher gesagt, dass sie den Fall an ihre KollegIN übergeben hat, im Büro saßen aber nur drei KollegEN. So wußte ich erstmal nicht wohin. Die Frage erledigte sich, weil einer der Sachbearbeiter mich zu sich rief. Es stellte sich heraus, dass die Kollegin, die meine Sachbearbeiterin vertreten sollte, leider krank geworden ist. Also fing ich nochmal ganz von vorne an zu erklären. Glücklicherweise hatte ich meine kompletten Unterlagen dabei, der gute Mann konnte nämlich gar nicht glauben, dass ich eine andere OP genehmigt bekommen habe als ich beantragt hatte. Helfen konnte er mir aber auch nicht. Er verwies immer wieder nur darauf, dass er in den Fall nicht involviert war und die Entscheidung ohnehin nicht von der Krankenkasse gefällt wird, sondern vom MdK.
Während unseres Gesprächs (das ging nicht länger als 15 Minuten) hat er bestimmt zehnmal die Begriffe Schlauchmagen und Magenband verwechselt. Seither wundere ich mich weniger darüber, wie ich zu meinem Bescheid gekommen bin. Irgendwann hat er eine Aktennotiz gefunden die besagte, dass am Montag von der Zentrale in Stuttgart ein Kostenübernahmebescheid für einen Schlauchmagen an mich rausgehen sollte. Leider konnte er das dazugehörige Schreiben am Rechner nicht öffnen. Er meinte, ich solle ruhig heimgehen - der Brief wäre sicher schon im Briefkasten, dann kann ich ja zuhause lesen und prüfen, ob diesmal alles in Ordnung ist. Ich war nicht begeistert, aber immerhin hörte sich diese Info nach einer Zusage an.
Zuhause angekommen hatte ich tatsächlich einen Brief der Krankenkasse im Kasten. Ich war schon so erleichtert - bis ich ihn öffnete und entdeckte, dass er nur eine Beitragsinformation enthielt. In diesem Moment habe ich beschlossen, ich mag ab sofort keine spannenden Dinge mehr. Keine spannenden Filme, kein spannendes Buch und erst recht kein spannendes Leben. Gestern Nachmittag, wirklich auf den letzten Drücker habe ich meinen korrigierten Bescheid doch noch bekommen. Als ich diesen Brief in den Händen hielt, ist praktisch augenblicklich die ganze Anspannung der vergangenen Woche von mir abgefallen. Ich hatte weiche Knie, war müde wie ein Stein und musste mich erstmal kurz hinlegen.
Ich werde also wie geplant am kommenden Dienstag ins Schwarzwald-Baar-Klinikum einrücken und am kommenden Mittwoch einen Schlauchmagen bekommen. Vorher geniesse ich die Osterfeiertage mit meiner Familie. Vielen Dank an alle, die mir die Daumen gedrückt und mitgefiebert haben. Auch euch wünsche ich frohe Ostern, esst ein bißchen Schoki für mich mit. Ich melde mich vor dem Krankenhaus nochmal. Bis bald...
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